Klage auf Entfristung: Wann sich die Entfristungsklage lohnt

Das Wichtigste im Überblick

Was ist eine Entfristungsklage?

Eine Entfristungsklage ist ein arbeitsgerichtliches Verfahren, mit dem Arbeitnehmer die Rechtmäßigkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrags überprüfen lassen können. Ziel ist es festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis tatsächlich unbefristet ist und über den vereinbarten Befristungszeitraum hinaus fortbesteht.

Die rechtliche Grundlage bildet das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), das in § 14 die Voraussetzungen für zulässige Befristungen regelt. Liegt eine unwirksame Befristung vor, gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet geschlossen.

Wann ist eine Entfristungsklage sinnvoll?

Die Entfristungsklage kommt in Betracht, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Befristung bestehen. Häufige Anwendungsfälle sind fehlerhafte Sachgrundbegründungen, überlange Befristungszeiten ohne entsprechende Rechtfertigung oder wiederholte Befristungen ohne plausible Sachgründe.

Rechtliche Wirkung der Entfristung

Bei erfolgreicher Klage wird gerichtlich festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis von Anfang an unbefristet war. Dies führt nach § 16 Satz 1 TzBfG dazu, dass das Arbeitsverhältnis über den ursprünglich vereinbarten Befristungszeitraum hinaus fortbesteht. Der Arbeitnehmer erhält dadurch den vollen Bestandsschutz eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses einschließlich des Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz.

Unterschied zur Kündigungsschutzklage

Anders als bei einer Kündigungsschutzklage geht es nicht um die Wirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung, sondern um die Frage, ob die arbeitsvertragliche Befristungsabrede von Anfang an rechtswirksam war. Die Entfristungsklage ist daher ein eigenständiges Rechtsinstitut mit spezifischen prozessualen Besonderheiten.

Rechtliche Grundlagen der Befristung

Sachgrund-Befristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG

Das Gesetz erlaubt Befristungen nur, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Zu den anerkannten Sachgründen gehören:

Zeitlicher Bedarf: Wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht, etwa bei saisonalen Schwankungen oder temporären Projekten.

Vertretung: Die Befristung ist zulässig zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers, beispielsweise während Elternzeit oder längerer Krankheit.

Eigenart der Arbeitsleistung: Bestimmte Tätigkeiten rechtfertigen aufgrund ihrer besonderen Natur eine Befristung, wie künstlerische oder wissenschaftliche Projekte.

Haushaltsmittel: Eine Befristung kann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die im Haushaltsplan mit einer nachvollziehbaren Zwecksetzung für eine nur vorübergehende Aufgabe ausgebracht sind und der Arbeitnehmer entsprechend beschäftigt wird. Dritt- oder Fördermittel sind keine Haushaltsmittel i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG; sie können aber als sonstiger Sachgrund die Befristung tragen, wenn sie von vornherein für einen genau bestimmten Zeitraum bewilligt sind und anschließend wegfallen.

Erprobung: Eine Befristung zur Erprobung ist als Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG anerkannt. Sie ist von der bloßen Probezeit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu unterscheiden: Allein die Vereinbarung einer Probezeit führt nicht zu einer Befristung. Die zulässige Dauer der Erprobungsbefristung muss in einem angemessenen Verhältnis zur zu erprobenden Tätigkeit stehen; im Regelfall werden sechs Monate ausreichen, längere Zeiträume sind nur bei besonderen Anforderungen und ggf. tariflicher Grundlage zulässig.

Sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG

Ohne sachlichen Grund ist eine Befristung nur unter strengen Voraussetzungen möglich: Sie ist bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren zulässig und kann innerhalb dieser Gesamtdauer höchstens dreimal verlängert werden; eine frühere Beschäftigung beim selben Arbeitgeber schließt die sachgrundlose Befristung grundsätzlich aus.

Typische Fallkonstellationen mit Lösungsansätzen

Fehlerhafte Sachgrundbegründung

In der Praxis kommt es häufig vor, dass Arbeitgeber Sachgründe nicht ordnungsgemäß darlegen oder aufrechterhalten können. Beispiel: Ein Unternehmen begründet eine Befristung mit einem temporären Projekt, beschäftigt den Arbeitnehmer jedoch dauerhaft mit Regeltätigkeiten.

Lösungsansatz: Hier kann eine Entfristungsklage erfolgreich sein, da der angegebene Sachgrund nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht.

Kettenverträge und Rechtsmissbrauch

Bei Befristungsketten prüfen die Gerichte im Rahmen einer Gesamtabwägung insbesondere Anzahl und Gesamtdauer der Verträge, die Art der Tätigkeit, die Kontinuität der Beschäftigung sowie die Qualität der Sachgründe. Ein Rechtsmissbrauch kann vorliegen, wenn aufeinanderfolgende Befristungen faktisch einen Dauerbedarf abdecken oder Sachgründe nur vorgeschoben werden.

Lösungsansatz: Bei auffälligen Befristungsketten ist eine rechtliche Überprüfung der Gesamtkonstellation empfehlenswert.

Praktische Tipps für Betroffene

Dokumentation sammeln

Bewahren Sie alle Arbeitsverträge, Vertragsverlängerungen und schriftliche Kommunikation bezüglich der Befristung auf. Notieren Sie sich die tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten und deren Dauer.

Befristungsgrund hinterfragen

Prüfen Sie kritisch, ob der Befristungsgrund bei Vertragsschluss tatsächlich vorlag und die vereinbarte Vertragsdauer zum Sachgrund passt; bei Vertretung oder Projektarbeit ist zudem zu prüfen, ob die Tätigkeit überwiegend entsprechend der Zwecksetzung erfolgt.

Frühzeitig Beratung suchen

Lassen Sie die Rechtmäßigkeit der Befristung frühzeitig durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht überprüfen. Eine fundierte Einschätzung der Erfolgsaussichten hilft bei der Entscheidung über das weitere Vorgehen.

Betriebsrat einbeziehen

Falls vorhanden, informieren Sie den Betriebsrat über Ihre Situation. Der Betriebsrat ist bei jeder Einstellung – auch bei befristeten – nach § 99 BetrVG zu beteiligen; die Dauer oder die rechtliche Zulässigkeit der Befristung selbst unterliegt jedoch nicht seiner Mitbestimmung. Betriebsräte haben häufig einen guten Überblick über die Befristungspraxis im Unternehmen und können wertvolle Unterstützung bieten.

Wir stehen Ihnen gerne bei der Bewertung Ihrer individuellen Situation zur Verfügung und entwickeln gemeinsam eine passende Strategie für Ihr Anliegen.

Checkliste: Entfristungsklage vorbereiten

Vertragsanalyse durchführen

  • Alle Arbeitsverträge und Verlängerungen sammeln
  • Befristungsgrund und dessen Berechtigung prüfen
  • Vertragsdauer und Verlängerungen dokumentieren

Tätigkeitsnachweis erstellen

  • Tatsächlich ausgeübte Tätigkeiten auflisten
  • Übereinstimmung mit dem Befristungsgrund prüfen
  • Zeugen für die tatsächliche Tätigkeit benennen

Rechtliche Bewertung einholen

  • Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultieren
  • Erfolgsaussichten der Entfristungsklage bewerten
  • Prozesskostenrisiko einschätzen

Beweismittel sichern

  • E-Mails und Schriftwechsel sichern
  • Arbeitsanweisungen und Stellenbeschreibungen sammeln
  • Zeugenaussagen vorbereiten

Strategische Überlegungen

  • Timing der Klage planen
  • Alternative Lösungswege prüfen
  • Verhandlungsbereitschaft des Arbeitgebers einschätzen

Bei komplexen Sachverhalten oder besonderen Umständen empfehlen wir eine individuelle Beratung, um die optimale Vorgehensweise zu entwickeln.

Häufig gestellte Fragen

Eine Befristung ist unwirksam, wenn kein sachlicher Grund vorliegt oder die gesetzlichen Voraussetzungen für eine sachgrundlose Befristung nicht erfüllt sind. Auch bei Rechtsmissbrauch oder unzutreffender Sachgrundbegründung kann eine Unwirksamkeit vorliegen.

Bei Erfolg gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen, sofern nicht andere Beendigungsgründe wie eine wirksame Kündigung vorliegen.

Der Streitwert für eine Kündigungsschutzklage wird regelmäßig mit dem dreifachen Brutto-Monatsverdienst des Arbeitnehmers angesetzt (§ 42 Abs. 3 GKG), was die Höhe der Gerichts- und Anwaltskosten bestimmt. In der ersten Instanz trägt jede Partei ihre Anwaltskosten selbst.

Ja, Sie können bereits während der Befristung klagen. Unabhängig davon muss eine Entfristungsklage spätestens binnen drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags beim Arbeitsgericht eingereicht werden (§ 17 Satz 1 TzBfG), sodass ein frühzeitiges Handeln zur Wahrung dieser Frist dringend empfehlenswert ist.

Bei mehrfachen aufeinanderfolgenden Befristungen ist besonders zu prüfen, ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt; dies beurteilt sich nach einer Gesamtabwägung durch die Gerichte, bei der insbesondere Anzahl und Gesamtdauer der Verträge, die Art der Tätigkeit sowie etwaige Unterbrechungen berücksichtigt werden.

Ja, auch Führungskräfte können befristet angestellt und damit von unwirksamen Befristungen betroffen sein. Die rechtlichen Grundsätze gelten grundsätzlich gleichermaßen.

Bei drittmittelfinanzierten Stellen ist die Befristung nur dann sachlich gerechtfertigt, wenn die Drittmittel von vornherein für einen genau bestimmten Zeitraum bewilligt sind und anschließend wegfallen; bloße Unsicherheit über eine Anschlussfinanzierung genügt nicht.

Ein Entfristungsverfahren dauert meist zwischen sechs Monaten und einem Jahr. In komplexen Fällen oder bei Berufung kann es länger dauern. Eine außergerichtliche Einigung kann das Verfahren verkürzen.

Werden mehrere nacheinander vereinbarte Befristungen für unwirksam gehalten, kann dies in der Gesamtwürdigung die Annahme eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses stützen. Eine genaue rechtliche Analyse der Gesamtsituation ist erforderlich, um die optimale Strategie zu entwickeln.

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