Kanzlei Manz

Abmahnung wegen Fehlverhalten: Ihre Rechte und Handlungsoptionen

Das Wichtigste im Überblick:

  • Abmahnungen sind oft anfechtbar – Viele Abmahnungen enthalten formelle oder inhaltliche Fehler, die eine erfolgreiche Gegenwehr ermöglichen
  • Schnelles Handeln ist entscheidend – Bei ungerechtfertigten Abmahnungen sollten Sie innerhalb weniger Wochen reagieren, um Ihre Rechte zu wahren
  • Professionelle Unterstützung zahlt sich aus – Durch fachkundige Beratung lassen sich oft arbeitsrechtliche Konsequenzen vermeiden und bessere Verhandlungspositionen erreichen

Einleitung: Wenn der Arbeitgeber zur Abmahnung greift

Eine Abmahnung wegen Fehlverhalten kann für Arbeitnehmer einen echten Schock bedeuten. Plötzlich steht die berufliche Zukunft auf dem Spiel und die Sorge vor einer möglichen Kündigung wächst. Doch nicht jede Abmahnung ist rechtmäßig und selbst bei berechtigten Abmahnungen gibt es oft Wege, die Situation zu entschärfen.

Die Abmahnung ist ein zweischneidiges Schwert im Arbeitsrecht. Einerseits dient sie dem Arbeitgeber als Warninstrument, andererseits räumt sie dem Arbeitnehmer die Chance ein, sein Verhalten zu korrigieren. Entscheidend ist jedoch, dass nicht jedes Fehlverhalten eine Abmahnung rechtfertigt und längst nicht jede ausgesprochene Abmahnung den rechtlichen Anforderungen entspricht.

Rechtliche Grundlagen der Abmahnung

Die Abmahnung hat im deutschen Arbeitsrecht eine wichtige Funktion als Vorstufe zur verhaltensbedingten Kündigung. Sie ist gesetzlich nicht explizit geregelt, ergibt sich aber aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem sogenannten „ultima ratio“-Prinzip im Arbeitsrecht. Eine Abmahnung ist daher in der Regel Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung.

Voraussetzungen einer wirksamen Abmahnung

Eine rechtswirksame Abmahnung muss deren Hinweis-, Rüge- und Warnfunktion erfüllen. Der Arbeitgeber muss das beanstandete Verhalten genau beschreiben, es als Pflichtverletzung rügen und unmissverständlich klarstellen, dass im Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung drohen.

Die Abmahnung unterliegt keiner besonderen Form, sollte aber schriftlich erfolgen, um später als Beweis dienen zu können. Mündliche Abmahnungen sind grundsätzlich möglich, aber schwer nachweisbar. Der Arbeitgeber muss das beanstandete Verhalten so genau beschreiben, dass der Arbeitnehmer eindeutig erkennen kann, welches Verhalten konkret gerügt wird.

Abmahnungsfähiges Verhalten

Nicht jeder Fehler oder jede Unzulänglichkeit rechtfertigt eine Abmahnung. Das Verhalten muss eine Pflichtverletzung darstellen, die vom Arbeitnehmer steuerbar ist. Dazu gehören beispielsweise Verstöße gegen Arbeitszeiten, unentschuldigtes Fehlen, Arbeitsverweigerung, Beleidigungen gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten, oder die Missachtung von Sicherheitsvorschriften.

Nicht abmahnungsfähig sind Umstände, für die der Arbeitnehmer nichts kann, wie Krankheit, fehlende Eignung oder betriebsbedingte Ursachen. Auch geringfügige Verstöße, die keine erhebliche Bedeutung haben, rechtfertigen in der Regel keine Abmahnung.

Häufige Abmahnungsgründe und ihre rechtliche Bewertung

Verstöße gegen Arbeitszeit und Anwesenheitspflicht

Zu spät kommen, unentschuldigtes Fehlen oder eigenmächtiges Verlassen des Arbeitsplatzes gehören zu den häufigsten Abmahnungsgründen. Hier kommt es jedoch auf die Umstände des Einzelfalls an. Ein einmaliges Zuspätkommen um wenige Minuten rechtfertigt normalerweise noch keine Abmahnung, während wiederholte Verstöße oder erhebliche Verspätungen durchaus abmahnungsfähig sind.

Bei der Bewertung spielen auch die betrieblichen Gepflogenheiten, gegebenenfalls Betriebsvereinbarungen oder individuelle Arbeitsverträge eine Rolle. Eine Abmahnung wegen geringfügigen Zuspätkommens kann daher unverhältnismäßig sein.

Pflichtverletzungen im Arbeitsverhalten

Arbeitsverweigerung, Missachtung von Anweisungen oder unkollegiales Verhalten können ebenfalls Abmahnungen nach sich ziehen. Wichtig ist hier die Unterscheidung zwischen berechtigter Kritik am Arbeitgeber oder an Arbeitsabläufen und einer echten Arbeitsverweigerung. Arbeitnehmer haben durchaus das Recht, Missstände anzusprechen oder bei gefährlichen Arbeiten die Mitarbeit zu verweigern.

Verstöße gegen Compliance und Betriebsordnung

Die Missachtung von Datenschutzbestimmungen, Sicherheitsvorschriften oder anderen betrieblichen Regelungen kann schwerwiegende Folgen haben. Hier ist besonders zu prüfen, ob der Arbeitnehmer ausreichend über die entsprechenden Vorschriften informiert war und ob eine Schulung stattgefunden hat.

Typische Fallkonstellationen und Lösungsansätze

Die unberechtigte Abmahnung

Häufig erhalten Arbeitnehmer Abmahnungen, die bei genauer rechtlicher Prüfung nicht haltbar sind. Dies kann verschiedene Gründe haben: Das beanstandete Verhalten war nicht pflichtverletzend, die Abmahnung ist zu unkonkret formuliert, oder der Arbeitgeber hat selbst gegen seine Pflichten verstoßen.

In solchen Fällen empfiehlt sich eine schriftliche Gegendarstellung, in der die Vorwürfe sachlich zurückgewiesen werden. Gleichzeitig sollte die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte gefordert werden. Ist der Arbeitgeber nicht bereit, die Abmahnung zurückzunehmen, kann eine arbeitsgerichtliche Klärung notwendig werden.

Die teilweise berechtigte Abmahnung

Manchmal enthalten Abmahnungen sowohl berechtigte als auch unberechtigte Vorwürfe oder sind in der Darstellung übertrieben. Hier ist eine differenzierte Stellungnahme erforderlich, die die berechtigten Punkte anerkennt, aber die unberechtigten Vorwürfe zurückweist.

Die verhältnismäßige Reaktion

Selbst wenn ein Fehlverhalten vorliegt, kann die Abmahnung unverhältnismäßig sein, wenn mildere Mittel wie ein klärendes Gespräch ausgereicht hätten. Dies gilt besonders bei langjährigen, bisher unauffälligen Arbeitnehmern oder bei geringfügigen Verstößen.

Praktische Tipps für Betroffene

Sofortmaßnahmen nach Erhalt einer Abmahnung

Zunächst sollten Sie Ruhe bewahren und die Abmahnung sorgfältig lesen. Dokumentieren Sie Ihre Sicht der Dinge schriftlich, solange die Ereignisse noch frisch im Gedächtnis sind. Sammeln Sie mögliche Beweismittel wie E-Mails, Zeugenaussagen oder Dokumente, die Ihre Position stützen.

Sprechen Sie nicht vorschnell mit Kollegen über die Abmahnung, da diese möglicherweise als Zeugen befragt werden könnten. Überlegen Sie sich gut, ob Sie die Abmahnung zur Kenntnis nehmen oder bereits beim Erhalt widersprechen möchten.

Die richtige Reaktionsstrategie

Eine Gegendarstellung sollte sachlich, präzise und ohne emotionale Angriffe formuliert sein. Beschränken Sie sich auf die relevanten Fakten und vermeiden Sie ausschweifende Erklärungen. Falls die Abmahnung teilweise berechtigt ist, können Sie dies anerkennen und gleichzeitig mildernde Umstände vorbringen.

Bei der Entscheidung, ob Sie rechtliche Schritte einleiten sollten, spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: die Schwere der Vorwürfe, Ihre bisherige Arbeitsleistung, das Betriebsklima und nicht zuletzt Ihre beruflichen Perspektiven im Unternehmen.

Langfristige Überlegungen

Überlegen Sie, ob eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sinnvoll ist, wenn das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber schwer beschädigt wurde. Manchmal ist es ratsamer, das Gespräch über eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu suchen, um weitere Konfrontationen zu vermeiden.

Checkliste: Was tun bei einer Abmahnung?

Sofort nach Erhalt:

  • Abmahnung vollständig und aufmerksam lesen
  • Eigene Darstellung der Ereignisse schriftlich festhalten
  • Beweise und Dokumente sammeln
  • Ruhe bewahren und nicht vorschnell reagieren

Innerhalb der ersten Woche:

  • Rechtliche Bewertung der Abmahnung vornehmen lassen
  • Entscheidung über Gegendarstellung treffen
  • Bei berechtigten Vorwürfen: Verbesserungsmaßnahmen einleiten
  • Bei unberechtigten Vorwürfen: Widerspruch vorbereiten

Mittel- und langfristig:

  • Arbeitsverhalten entsprechend anpassen
  • Dokumentation der eigenen Arbeitsleistung verstärken
  • Berufliche Alternativen prüfen
  • Bei weiteren Problemen: Frühzeitig professionelle Hilfe suchen

Häufig gestellte Fragen

Nein, das sollten Sie nicht. Eine Abmahnung bleibt in der Personalakte und kann bei wiederholten Verstößen als Grundlage für eine Kündigung dienen. Auch wenn Sie die Abmahnung für ungerechtfertigt halten, sollten Sie reagieren.

Eine gesetzlich festgelegte Frist gibt es nicht. Abmahnungen können unter bestimmten Voraussetzungen ihre Wirkung als Warnung nach ein bis drei Jahren verlieren. Ihre Entfernung aus der Personalakte kann im Einzelfall verlangt werden.

Rechtlich ist ein vorheriges Gespräch nicht zwingend erforderlich, aber oft sinnvoll. Viele Arbeitsgerichte sehen es positiv, wenn der Arbeitgeber zunächst das Gespräch sucht, bevor er eine Abmahnung ausspricht.

Nur wenn eine Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, haben Sie einen Anspruch auf Entfernung aus der Personalakte. Notfalls kann dies gerichtlich durchgesetzt werden.

Nein, auch nach einer Abmahnung muss eine Interessenabwägung stattfinden. Bei geringfügigen Verstößen oder wenn viel Zeit vergangen ist, kann eine Kündigung unverhältnismäßig sein.

Abmahnungen unterliegen den Vorgaben des Datenschutzes gemäß BDSG und DSGVO. Sie dürfen nur Personen bekannt werden, die aus arbeitsrechtlichen Gründen damit betraut sind.

Für ein und denselben Vorwurf darf der Arbeitgeber nur einmal abmahnen. Spätere erneute Abmahnungen für dasselbe konkrete Verhalten sind unzulässig. Erneute Pflichtverstöße können hingegen separat abgemahnt werden.

Sie müssen eine Abmahnung nicht unterschreiben. Die Unterschrift bedeutet nur, dass Sie die Abmahnung erhalten haben, nicht dass Sie den Inhalt anerkennen. Sie können auch mit dem Zusatz „zur Kenntnis genommen, Inhalt wird bestritten“ unterschreiben.

Ja, auch Jahre später können Sie noch bestreiten, dass eine Abmahnung berechtigt war, wenn sie als Begründung für eine Kündigung herangezogen wird.

Bei besonders schweren Pflichtverletzungen, die das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstören, wie beispielsweise Diebstahl, tätlicher Angriff oder sonstigen groben Vertrauensbrüchen, kann eine außerordentliche Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden (§ 626 BGB).

Wir beraten Sie gerne individuell und entwickeln gemeinsam eine passende Strategie für Ihren Fall.

DARMSTADT

Steubenplatz 12

64295 Darmstadt
FRANKFURT am Main

Kaiserstraße 61

60329 Frankfurt am Main
ALSBACH

Akazienweg 2

64665 ALSBACH
ISTANBUL

Cumhuriyet caddesi no 147 kat 5

34373 Harbiye - Istanbul