Außerordentliche Kündigung befristeter Arbeitsverträge: Rechtliche Grundlagen und praktische Umsetzung

Das Wichtigste im Überblick

Einleitung: Warum ist die außerordentliche Kündigung bei befristeten Verträgen relevant?

Befristete Arbeitsverträge sind darauf angelegt, zu einem bestimmten Zeitpunkt automatisch zu enden. Dennoch können Situationen auftreten, die eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich machen. Die außerordentliche Kündigung befristeter Arbeitsverträge stellt sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer ein wichtiges rechtliches Instrument dar, wenn gravierende Umstände eine Fortsetzung der Zusammenarbeit unmöglich machen.

Anders als bei unbefristeten Verträgen ist bei befristeten Arbeitsverhältnissen eine ordentliche Kündigung vor Ablauf der Befristung in der Regel ausgeschlossen, es sei denn, eine solche Möglichkeit wurde vertraglich, tariflich oder aufgrund spezieller gesetzlicher Vorschriften vereinbart. Ansonsten ist eine vorzeitige Beendigung meist nur durch außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB oder durch einvernehmliche Aufhebung möglich. Dies macht das Verständnis der rechtlichen Grundlagen und praktischen Voraussetzungen besonders wichtig.

 

Haben Sie eine solche außerordentliche Kündigung Ihres befristeten Arbeitsvertrags erhalten oder erwägen Sie selbst diesen Schritt? Dann sind die Arbeitsrechtsanwälte der Kanzlei Manz Ihre kompetenten Ansprechpartner für eine fundierte rechtliche Beratung und Vertretung.

Rechtliche Grundlagen der außerordentlichen Kündigung

Gesetzliche Basis nach § 626 BGB

Die außerordentliche Kündigung befristeter Arbeitsverträge unterliegt denselben gesetzlichen Bestimmungen wie die außerordentliche Kündigung unbefristeter Arbeitsverhältnisse. § 626 Absatz 1 BGB bildet die zentrale Rechtsgrundlage und besagt, dass das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann, falls Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum vereinbarten Ende nicht zugemutet werden kann.

Bei befristeten Verträgen gelten grundsätzlich dieselben Maßstäbe des § 626 BGB wie bei unbefristeten. Allerdings wirkt sich die vereinbarte feste Vertragslaufzeit auf die Interessenabwägung aus: Je kürzer die Restlaufzeit ist, desto gewichtiger muss der Kündigungsgrund sein, um eine sofortige Beendigung zu rechtfertigen.

Zwei-Wochen-Frist nach § 626 Absatz 2 BGB

Ein entscheidender Aspekt ist die Ausschlussfrist des § 626 Absatz 2 BGB. Danach kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Die Zwei-Wochen-Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB gilt zwingend sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer und kann durch Vertrag weder verlängert noch verkürzt werden.

Die Frist beginnt mit der Kenntnis der Tatsachen zu laufen, die den wichtigen Grund bilden. Dabei genügt nicht die bloße Vermutung oder ein vager Verdacht, sondern es bedarf konkreter Kenntnisse der relevanten Umstände. Bei komplexen Sachverhalten kann eine angemessene Prüfungszeit eingeräumt werden.

Besonderheiten bei befristeten Arbeitsverträgen

Erhöhte Anforderungen an den wichtigen Grund

Bei befristeten Arbeitsverträgen sind die Anforderungen an einen wichtigen Kündigungsgrund nicht abstrakt verschärft, jedoch wirkt sich die vereinbarte Befristung erheblich auf die Interessenabwägung aus. Dies liegt daran, dass beide Parteien bereits von vornherein eine begrenzte Vertragslaufzeit vereinbart haben. Der Arbeitnehmer hat sich auf eine bestimmte Beschäftigungsdauer eingestellt, während der Arbeitgeber ebenfalls mit der vereinbarten Laufzeit kalkuliert hat.

Die Rechtsprechung verlangt daher im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung, dass der Kündigungsgrund so schwerwiegend ist, dass selbst die kurze verbleibende Vertragslaufzeit nicht mehr abgewartet werden kann. Ein Verhalten oder Umstand, der bei einem unbefristeten Vertrag einen wichtigen Grund darstellen würde, führt bei befristeten Verträgen möglicherweise nicht zur Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung, wenn die Restlaufzeit nur noch kurz ist.

Interessenabwägung bei kurzer Restlaufzeit

Je kürzer die verbleibende Laufzeit des befristeten Vertrags ist, desto höher sind die Anforderungen an den wichtigen Grund. Bei einer Restlaufzeit von nur wenigen Wochen oder Monaten muss der Kündigungsgrund besonders gravierend sein. Hingegen können bei längeren Restlaufzeiten auch weniger schwerwiegende Gründe ausreichen, die bei unbefristeten Verträgen eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würden.

Diese Interessenabwägung muss stets im Einzelfall vorgenommen werden. Faktoren wie die ursprüngliche Vertragslaufzeit, die bereits abgelaufene Zeit, die Schwere des Pflichtverschusses und die Auswirkungen auf beide Parteien fließen in die Bewertung ein.

Typische Kündigungsgründe bei befristeten Verträgen

Vertrauensverlust durch Pflichtverletzungen

Schwerwiegende Pflichtverletzungen können auch bei befristeten Verträgen eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Dazu gehören beispielsweise Diebstahl am Arbeitsplatz, Betrug gegenüber dem Arbeitgeber, erhebliche Verletzungen der Treuepflicht oder wiederholte grobe Missachtung von Arbeitsanweisungen.

Bei der Bewertung ist zu berücksichtigen, dass der Vertrauensverlust so nachhaltig sein muss, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst für die kurze Restlaufzeit unzumutbar ist. Eine einmalige, weniger schwerwiegende Pflichtverletzung wird bei kurzer Restlaufzeit meist nicht ausreichen.

Straftaten im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis

Straftaten, die einen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben, können grundsätzlich einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen. Dies gilt insbesondere bei Vermögensdelikten zum Nachteil des Arbeitgebers oder von Kollegen, bei Betrug oder bei anderen Straftaten, die das Vertrauen nachhaltig erschüttern.

Auch hier muss jedoch die Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Befristung vorgenommen werden. Bei geringfügigen Straftaten ohne direkten Arbeitsbezug und kurzer Restlaufzeit kann eine außerordentliche Kündigung unverhältnismäßig sein.

Gesundheitliche Arbeitsunfähigkeit

Eine außerordentliche Kündigung wegen Krankheit bei einem befristeten Vertrag ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig, nämlich wenn eine sichere negative Prognose für die gesamte verbleibende Laufzeit gestellt werden kann und die Fortsetzung für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Für die Rechtfertigung ist stets eine umfassende Interessenabwägung notwendig, insbesondere im Hinblick auf die ursprüngliche Befristung und die konkrete Restlaufzeit.

Die Kündigung wegen Krankheit bei befristeten Verträgen ist besonders restriktiv zu handhaben, da der Arbeitnehmer bereits von vornherein nur für eine begrenzte Zeit beschäftigt werden sollte. Eine Kündigung setzt voraus, dass die negative Gesundheitsprognose die gesamte Restlaufzeit umfasst und dadurch das Arbeitsverhältnis inhaltlich vollständig leerläuft.

Kündigung durch den Arbeitnehmer

Außerordentliche Kündigung durch Arbeitnehmer

Auch Arbeitnehmer können befristete Arbeitsverträge außerordentlich kündigen, wenn wichtige Gründe vorliegen. Typische Gründe sind erhebliche Verletzungen der Fürsorgepflicht durch den Arbeitgeber, Mobbing, sexuelle Belästigung, Diskriminierung oder die Nichtzahlung des Arbeitsentgelts über längere Zeit.

Für Arbeitnehmer gelten dieselben strengen Maßstäbe wie für Arbeitgeber. Der wichtige Grund muss so schwerwiegend sein, dass das Abwarten der Restlaufzeit unzumutbar ist. Bei kurzen Restlaufzeiten sind die Hürden entsprechend hoch.

Gesundheitsgefährdung am Arbeitsplatz

Eine besondere Situation liegt vor, wenn der Arbeitsplatz eine Gefahr für die Gesundheit oder Sicherheit des Arbeitnehmers darstellt und der Arbeitgeber nicht für Abhilfe sorgt. In solchen Fällen kann eine außerordentliche Kündigung auch bei befristeten Verträgen gerechtfertigt sein, da das Recht auf körperliche Unversehrtheit höher wiegt als das Interesse an der Vertragstreue.

Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber zunächst auf die Gefahren hingewiesen und eine angemessene Frist zur Beseitigung gesetzt hat, sofern nicht Gefahr im Verzug besteht.

Praktische Tipps für Betroffene

Für Arbeitgeber

Arbeitgeber sollten bei der Erwägung einer außerordentlichen Kündigung eines befristeten Arbeitsvertrags besonders sorgfältig prüfen. Eine umfassende Dokumentation des Kündigungsgrunds ist ebenso wichtig wie die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist. Es empfiehlt sich, zunächst mildere Maßnahmen wie Abmahnungen zu erwägen, es sei denn, der Pflichtverstoß ist so schwerwiegend, dass eine Abmahnung offensichtlich zwecklos wäre.

Bei der Interessenabwägung sollten alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Dazu gehören die Schwere des Pflichtverstoßes, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers und die verbleibende Vertragslaufzeit. Eine rechtliche Beratung vor Ausspruch der Kündigung ist aufgrund der komplexen Rechtslage dringend anzuraten.

Für Arbeitnehmer

Arbeitnehmer, die eine außerordentliche Kündigung ihres befristeten Arbeitsvertrags erwägen, sollten zunächst prüfen, ob mildere Mittel wie ein klärendes Gespräch oder eine Beschwerde bei vorgesetzten Stellen erfolgversprechend sind. Die außerordentliche Kündigung sollte das letzte Mittel sein.

Wichtig ist die Dokumentation der Umstände, die zur Kündigung führen. Zeugenaussagen, E-Mails, Fotos oder andere Beweismittel können später vor Gericht entscheidend sein. Auch die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist ist unbedingt zu beachten. Bei Unsicherheiten über das Vorliegen eines wichtigen Grunds sollte unbedingt rechtlicher Rat eingeholt werden.

Falls Sie sich in einer Situation befinden, in der Sie eine außerordentliche Kündigung eines befristeten Arbeitsvertrags erwägen oder erhalten haben, können wir Sie umfassend beraten und Ihre Rechte durchsetzen.

Handlungsempfehlungen und Checkliste

Checkliste für außerordentliche Kündigungen befristeter Verträge

Vor Ausspruch der Kündigung prüfen:

  • Liegt ein objektiv wichtiger Grund vor?
  • Ist der Grund so schwerwiegend, dass das Abwarten der Restlaufzeit unzumutbar ist?
  • Wurden alle milderen Mittel erwogen?
  • Ist die Zwei-Wochen-Frist eingehalten?
  • Ist der Sachverhalt ausreichend dokumentiert?
  • Wurde eine Interessenabwägung vorgenommen?

Nach Ausspruch der Kündigung:

  • Kündigungsschreiben mit Begründung erstellen
  • Dokumentation sicherstellen
  • Auf mögliche Kündigungsschutzklage vorbereiten
  • Arbeitszeugnis erstellen
  • Abrechnung vornehmen

Häufig gestellte Fragen

Ja, eine außerordentliche Kündigung ist auch bei befristeten Arbeitsverträgen möglich. Die gesetzlichen Anforderungen sind bei befristeten und unbefristeten Verträgen grundsätzlich gleich, jedoch wirkt sich die feste Laufzeit auf die Interessenabwägung aus.

Die außerordentliche Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen ausgesprochen werden (§ 626 Abs. 2 BGB).

Die gesetzlichen Anforderungen an den wichtigen Grund sind bei befristeten und unbefristeten Arbeitsverträgen grundsätzlich gleich (§ 626 BGB). Die feste Laufzeit wirkt sich lediglich auf die Interessenabwägung aus. Je kürzer die Restlaufzeit, desto gewichtiger muss der Kündigungsgrund sein.

Ja, auch Arbeitnehmer können befristete Arbeitsverträge außerordentlich kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die strengen Anforderungen gelten jedoch gleichermaßen.

Bei einer ungerechtfertigten Kündigung kann der Gekündigte Kündigungsschutzklage erheben. Bei erfolgreicher Klage wird die Kündigung als unwirksam erklärt und das Arbeitsverhältnis besteht bis zum vereinbarten Ende fort.

Bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen ist eine Abmahnung nicht erforderlich. In den meisten Fällen sollte jedoch zunächst eine Abmahnung ausgesprochen werden, es sei denn, sie ist offensichtlich aussichtslos.

Ja, die Restlaufzeit ist ein wichtiger Faktor bei der Interessenabwägung. Je kürzer die verbleibende Laufzeit, desto höher sind die Anforderungen an den wichtigen Grund.

Lang andauernde Arbeitsunfähigkeit kann unter sehr strengen Voraussetzungen eine Kündigung rechtfertigen, wenn sie voraussichtlich bis zum Vertragsende andauern wird.

Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und sollte den wichtigen Grund konkret benennen. Eine bloße Bezugnahme auf gesetzliche Bestimmungen reicht nicht aus.

Aufgrund der komplexen Rechtslage und der hohen Anforderungen sollte vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung oder bei Erhalt einer solchen unbedingt rechtlicher Rat eingeholt werden.

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