Kündigung wegen schlechter Führungskraft: Ihre Rechte und Handlungsoptionen

Das Wichtigste im Überblick

Einleitung: Wenn Führung zum Problem wird

Schlechte Vorgesetztenführung gehört zu den häufigsten Konfliktfeldern in deutschen Unternehmen. Eine Kündigung ist jedoch nur in Ausnahmefällen möglich, da das Kündigungsschutzrecht hohe Hürden setzt. Während Arbeitnehmer oft unter inkompetenten oder toxischen Führungskräften leiden, gestaltet sich eine Kündigung wegen mangelhafter Führungsqualitäten rechtlich komplex.

Das Arbeitsrecht sieht hohe Hürden für verhaltensbedingte Kündigungen vor, selbst wenn die Führungsleistung objektiv unzureichend ist. Dennoch haben sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber verschiedene Handlungsoptionen, wenn die Zusammenarbeit durch schlechte Führung belastet wird.

Rechtliche Grundlagen: Wann ist eine Kündigung möglich?

Kündigungsschutz nach dem KSchG

Das Kündigungsschutzgesetz bildet das Rückgrat des deutschen Arbeitsrechts und schützt Arbeitnehmer mit mehr als sechs Monaten Betriebszugehörigkeit in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Eine Kündigung muss durch personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Gründe sozial gerechtfertigt sein (§ 1 Abs. 2 KSchG).

Dabei gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit: Bevor eine Kündigung ausgesprochen wird, muss der Arbeitgeber prüfen, ob mildere Mittel wie Abmahnung, Versetzung oder Fortbildung zur Problemlösung geeignet sind. Diese Schutzwirkung gilt grundsätzlich auch für Führungskräfte, wobei hier besondere Aspekte zu beachten sind.

Verhaltensbedingte Kündigung bei Führungsversagen

Schlechte Führung kann unter bestimmten Umständen eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen, allerdings müssen konkrete, schuldhafte Pflichtverletzungen vorliegen. Der bloße Vorwurf unzureichender Führungsqualitäten reicht nicht aus – es bedarf nachweisbarer Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten.

Konkrete Kündigungsgründe können sein:

  • Systematische Vernachlässigung der Fürsorgepflicht gegenüber Mitarbeitern
  • Mobbing oder diskriminierende Behandlung von Teammitgliedern
  • Grobe Verstöße gegen Compliance-Vorgaben oder Unternehmensrichtlinien
  • Bewusste Missachtung arbeitsrechtlicher Bestimmungen

Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung: Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt voraus, dass die Pflichtverletzung erheblich ist und das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig gestört hat. Zusätzlich muss eine negative Zukunftsprognose gestellt werden können – das bedeutet, es ist zu erwarten, dass sich das pflichtwidrige Verhalten wiederholen wird.

In den meisten Fällen ist vor einer verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Diese dient nicht nur der Dokumentation, sondern gibt der Führungskraft die Möglichkeit, ihr Verhalten zu ändern. Nur bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen kann auf eine vorherige Abmahnung verzichtet werden.

Personenbedingte Kündigung wegen fehlender Eignung

Eine personenbedingte Kündigung ist nur möglich, wenn die mangelnde Eignung nicht auf steuerbarem Verhalten (willentliche Pflichtverletzungen) beruht, sondern auf Umständen, die der Arbeitnehmer selbst nicht beeinflussen kann (z. B. Krankheit oder persönliche Ungeeignetheit) und eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfällt. Andernfalls – bei steuerbarem Verhalten – ist die verhaltensbedingte Kündigung einschlägig.

Abgrenzung zur verhaltensbedingten Kündigung: Der entscheidende Unterschied liegt in der Steuerbarkeit des Problems. Wenn eine Führungskraft aufgrund mangelnder intellektueller Fähigkeiten oder fehlender sozialer Kompetenz ihren Aufgaben nicht gewachsen ist, ohne dass dies auf bösen Willen oder Nachlässigkeit zurückzuführen ist, kann eine personenbedingte Kündigung in Betracht kommen.

Voraussetzungen im Detail: Die personenbedingte Kündigung erfordert eine umfassende Prognose über die zukünftige Entwicklung. Der Arbeitgeber muss nachweisen können, dass eine Besserung der Situation nicht zu erwarten ist und dass die berechtigten betrieblichen Interessen durch die Weiterbeschäftigung erheblich beeinträchtigt würden. Auch hier gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – alternative Einsatzmöglichkeiten im Unternehmen müssen geprüft und ausgeschöpft werden.

Ordentliche versus außerordentliche Kündigung

Bei Führungsversagen kommt in der Regel nur eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfristen in Betracht. Eine außerordentliche (fristlose) Kündigung setzt einen wichtigen Grund voraus, der die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der Kündigungsfrist unzumutbar macht. Dies ist nur bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen wie strafrechtlich relevantem Verhalten oder groben Vertrauensbrüchen der Fall.

Kündigungsfristen und besondere Schutzbestimmungen

Führungskräfte unterliegen häufig längeren Kündigungsfristen als andere Arbeitnehmer. Diese Kündigungsfristen können sich aus dem Arbeitsvertrag oder – seltener – aus Tarifverträgen ergeben. Grundsätzlich gelten für Führungskräfte die gesetzlichen Fristen des § 622 BGB, gestaffelt nach Dauer der Betriebszugehörigkeit, sofern keine individuellen Vereinbarungen getroffen wurden. Bei leitenden Angestellten und Geschäftsführern ist zudem zu beachten, dass arbeitsvertraglich längere Fristen zulässig und in der Praxis üblich sind.

Bei der Kündigung von Führungskräften müssen daneben oft komplexe Regelungen zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten (Konkurrenzklauseln), speziellen Verschwiegenheitspflichten und der Abwicklung von Bonuszahlungen beachtet werden. Wettbewerbsverbote oder Konkurrenzklauseln sind nur bei schriftlicher Vereinbarung und mit angemessener Karenzentschädigung wirksam. Bei Bonuszahlungen ist eine anteilige Zahlung beim unterjährigen Ausscheiden in vielen Fällen rechtlich geboten; pauschale Stichtagsklauseln zugunsten des Arbeitgebers sind häufig unwirksam.

Hauptaspekte und Fallkonstellationen

Typische Formen schlechter Führung

Mikromanagement und Kontrollwahn Übermäßige Kontrolle kann die Arbeitsleistung des Teams erheblich beeinträchtigen und zur Demotivation führen. Rechtlich relevant wird dies, wenn dadurch die Produktivität nachweisbar sinkt oder Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfallen.

Mangelnde Kommunikation und fehlende Transparenz Wenn wichtige Informationen vorenthalten oder Entscheidungen nicht kommuniziert werden, kann dies den Geschäftsverlauf stören. Eine Kündigung ist möglich, wenn dadurch konkrete Schäden entstehen.

Fehlende fachliche Kompetenz Unzureichende Fachkenntnisse können zur Gefährdung von Projekten oder Geschäftsbeziehungen führen. Hier ist zwischen mangelnder Ausbildung und bewusster Pflichtverletzung zu unterscheiden.

Diskriminierendes oder mobbendes Verhalten Verstöße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) oder systematisches Mobbing können sowohl arbeits- als auch strafrechtliche Konsequenzen haben.

Besondere Herausforderungen bei Führungskräften

Führungskräfte haben nicht automatisch besseren Kündigungsschutz. Leitende Angestellte im Sinne von § 14 KSchG können sogar eingeschränkten Kündigungsschutz genießen, da das Gericht in diesen Fällen auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung auflösen kann. Gleichzeitig tragen Führungskräfte jedoch erhöhte Verantwortung, wodurch sich strengere Maßstäbe an ihr Verhalten anlegen lassen. Zusätzlich können sie durch tarifvertragliche Sonderregelungen oder ihre Arbeitsverträge besonderen Schutz genießen.

Praktische Tipps für Betroffene

Für Arbeitnehmer unter schlechter Führung

Dokumentation ist das A und O

  • Führen Sie ein detailliertes Tagebuch über problematische Situationen
  • Sammeln Sie E-Mails, Protokolle und andere schriftliche Belege
  • Benennen Sie Zeugen für kritische Gespräche oder Vorfälle
  • Dokumentieren Sie die Auswirkungen auf Ihre Arbeitsleistung und Gesundheit

Nutzen Sie interne Beschwerdemechanismen

  • Wenden Sie sich an die Personalabteilung oder den Betriebsrat
  • Prüfen Sie, ob Ihr Unternehmen eine Ombudsstelle hat
  • Nutzen Sie Whistleblowing-Kanäle bei schwerwiegenden Verstößen

Suchen Sie das direkte Gespräch Ein konstruktives Gespräch kann oft mehr bewirken als juristische Schritte. Dokumentieren Sie auch diese Gesprächsversuche für den Fall späterer rechtlicher Auseinandersetzungen.

Für Arbeitgeber bei problematischen Führungskräften

Systematische Leistungsbewertung implementieren

  • Regelmäßige 360-Grad-Feedbacks einführen
  • Klare Führungsleitlinien und Zielvorgaben definieren
  • Schulungs- und Entwicklungsmaßnahmen anbieten

Rechtssichere Dokumentation sicherstellen

  • Alle Führungsdefizite schriftlich festhalten
  • Abmahnungen bei konkreten Pflichtverletzungen aussprechen
  • Verbesserungsmaßnahmen definieren und deren Umsetzung überwachen

Der Aufhebungsvertrag als Alternative zur Kündigung

Wenn eine Kündigung wegen schlechter Führung rechtlich schwer durchsetzbar ist, bietet sich oft ein Aufhebungsvertrag als konstruktive Lösung an. Diese einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses ermöglicht beiden Seiten eine gesichtswahrende Trennung, birgt aber auch Risiken, die sorgfältig abgewogen werden müssen.

Nachteile für die Führungskraft

Ein Aufhebungsvertrag bedeutet zunächst das definitive Ende des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt. Anders als bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung verzichtet die Führungskraft mit der Unterzeichnung auf die Möglichkeit, eine Kündigungsschutzklage zu erheben und das Arbeitsverhältnis gerichtlich zu verteidigen. Besonders problematisch kann eine mögliche Sperrfrist beim Arbeitslosengeld werden, wenn die Agentur für Arbeit davon ausgeht, dass die Arbeitslosigkeit durch das eigene Verhalten der Führungskraft herbeigeführt wurde.

Vorteile für die Führungskraft

Andererseits ermöglicht ein Aufhebungsvertrag die gemeinsame Einigung über den Beendigungszeitpunkt, wobei oft längere Fristen als die gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen vereinbart werden können. Dies schafft Planungssicherheit für den beruflichen Übergang. Zudem besteht die Möglichkeit, eine Abfindung zu verhandeln, die bei einer ordentlichen Kündigung nicht automatisch anfallen würde.

Weitere verhandelbare Aspekte umfassen die Regelung von Bonuszahlungen, die Nutzung des Firmenwagens während der Übergangszeit und andere Entgeltbestandteile. Nicht zuletzt kann ein qualifiziertes Zwischen- oder Endzeugnis vereinbart werden, das die weitere Karriereentwicklung nicht belastet.

Checkliste: Schritte bei Führungsproblemen

Für Arbeitnehmer:

  1. Dokumentation beginnen – Führen Sie ab sofort ein detailliertes Tagebuch über problematische Situationen
  2. Belege sammeln – Sichern Sie E-Mails, Nachrichten und andere schriftliche Kommunikation
  3. Zeugen identifizieren – Notieren Sie sich Namen von Kollegen, die problematisches Verhalten beobachtet haben
  4. Gesundheitliche Auswirkungen beachten – Dokumentieren Sie stressbedingte Symptome und suchen Sie bei Bedarf ärztliche Hilfe
  5. Interne Stellen kontaktieren – Wenden Sie sich an Personalabteilung, Betriebsrat oder Compliance-Stelle
  6. Rechtliche Optionen prüfen – Lassen Sie Ihre Situation von einem Fachanwalt bewerten

Für Arbeitgeber:

  1. Situation analysieren – Sammeln Sie objektive Informationen über die Führungsleistung
  2. Feedback einholen – Führen Sie strukturierte Mitarbeiterbefragungen durch
  3. Dokumentation erstellen – Halten Sie alle relevanten Vorfälle schriftlich fest
  4. Entwicklungsmaßnahmen anbieten – Geben Sie der Führungskraft die Chance zur Verbesserung
  5. Rechtliche Schritte vorbereiten – Bei fehlender Kooperationsbereitschaft juristische Optionen prüfen
  6. Alternative Lösungen erwägen – Versetzung oder einvernehmliche Trennung können bessere Wege sein

Häufig gestellte Fragen

Direkte Klagen gegen Vorgesetzte sind rechtlich kaum möglich, weil Ansprüche regelmäßig gegen den Arbeitgeber geltend zu machen sind (z. B. nach § 15 AGG oder wegen Verletzung von Fürsorgepflichten). Nur in Ausnahmefällen kommt eine persönliche Haftung des Vorgesetzten nach § 823 BGB in Betracht. Besser sind Beschwerden beim Arbeitgeber, Betriebsrat oder Compliance-Stelle.

Nein, negative Bewertungen allein rechtfertigen keine Kündigung. Es müssen konkrete Pflichtverletzungen mit nachweisbaren negativen Auswirkungen vorliegen.

In der Regel ja. Abmahnungen geben der Führungskraft die Möglichkeit zur Besserung und sind meist Voraussetzung für eine rechtswirksame Kündigung.

Der Betriebsrat hat umfangreiche Mitbestimmungsrechte und kann zwischen den Parteien vermitteln. Bei Kündigungen muss er angehört werden.

Nur in extremen Fällen, etwa bei groben Pflichtverletzungen, die das Vertrauen nachhaltig zerstören. Reine Inkompetenz reicht normalerweise nicht aus.

Durch systematische Dokumentation von Vorfällen, Sammlung von Zeugenaussagen und Nachweis negativer Auswirkungen auf Arbeitsklima oder Unternehmenserfolg.

Dann können alternative Lösungen wie Mediation, Coaching, Versetzung oder im letzten Schritt eine einvernehmliche Trennung in Betracht kommen.

Bei einvernehmlichen Trennungen können Führungsmängel die Verhandlungsposition beeinflussen. Bei streitigen Kündigungen kommt es auf die konkreten Umstände an.

Oft länger als bei anderen Arbeitnehmern, da die rechtlichen und tatsächlichen Fragen komplexer sind. Mit 6-18 Monaten sollte gerechnet werden.

Teilen

Inhalt

Weitere Beiträge

Die Abberufung von Vorstandsmitgliedern erfordert einen wichtigen Grund wie grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit. Strenge rechtliche...
Schlechte Führung rechtfertigt selten eine Kündigung – nur konkrete, nachweisbare Pflichtverletzungen zählen. Dokumentation, Abmahnungen und...
Außerordentliche Kündigungen befristeter Arbeitsverträge sind nach § 626 BGB möglich, jedoch unterliegen sie strengeren Abwägungsmaßstäben....