Kanzlei Manz

Abmahnung wegen Nichtbefolgen von Arbeitsanweisungen: Ein umfassender Leitfaden

Das Wichtigste im Überblick:

  • Rechtliche Grundlage: Abmahnungen wegen Nichtbefolgens von Arbeitsanweisungen beruhen auf der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) 
  • Warnfunktion: Eine Abmahnung dient als formelle Warnung und gibt dem Arbeitnehmer die Chance zur Verhaltensänderung, bevor arbeitsrechtliche Konsequenzen folgen
  • Beweislast: Der Arbeitgeber muss konkret nachweisen, welche Arbeitsanweisungen nicht befolgt wurden und dass diese rechtmäßig erteilt waren

Einleitung: Wenn Arbeitsanweisungen missachtet werden

Das Nichtbefolgen von Arbeitsanweisungen gehört zu den häufigsten Gründen für arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Dabei stellt sich oft die Frage: Wann ist eine Abmahnung berechtigt und welche Rechte haben beide Seiten?

Diese Thematik gewinnt besonders in Zeiten flexibler Arbeitsmodelle und veränderter Arbeitsstrukturen an Bedeutung. Arbeitnehmer sind grundsätzlich verpflichtet, den Weisungen ihres Arbeitgebers zu folgen, doch diese Pflicht ist nicht grenzenlos.

Rechtliche Grundlagen der Weisungsbefugnis

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag und ist in § 106 der Gewerbeordnung geregelt. Danach kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Die Weisungsbefugnis umfasst jedoch nur solche Anordnungen, die im direkten Zusammenhang mit der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung stehen. Sie muss zudem den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit entsprechen und darf nicht gegen geltendes Recht, die guten Sitten oder den Arbeitsvertrag verstoßen.

Bei der Ausübung des Weisungsrechts muss der Arbeitgeber die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen. Dies schließt persönliche Umstände, familiäre Verpflichtungen und gesundheitliche Einschränkungen ein.

Voraussetzungen für eine berechtigte Abmahnung

Eine Abmahnung wegen Nichtbefolgen von Arbeitsanweisungen ist nur dann rechtmäßig, wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt sind. Zunächst muss die erteilte Arbeitsanweisung rechtmäßig gewesen sein. Das bedeutet, sie muss vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt und nicht offensichtlich rechtswidrig oder unbillig sein.

Die Pflichtverletzung muss konkret und nachweisbar sein. Vage Vorwürfe oder allgemeine Behauptungen reichen nicht aus. Der Arbeitgeber muss genau darlegen können, welche Anweisung wann erteilt wurde und wie der Arbeitnehmer dagegen verstoßen hat.

Wichtig ist auch, dass die Arbeitsanweisung dem Arbeitnehmer bekannt war. Eine Abmahnung kann nicht ausgesprochen werden, wenn der betroffene Mitarbeiter gar nicht wusste, was von ihm erwartet wurde. Gleichzeitig muss dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Befolgung der Anweisung gegeben worden sein.

Die Verhältnismäßigkeit spielt eine entscheidende Rolle. Eine Abmahnung ist in der Regel gerechtfertigt, sofern sie verhältnismäßig ist. Es besteht keine rechtliche Pflicht für den Arbeitgeber, vor einer Abmahnung stets ein klärendes Gespräch zu führen, wenngleich dies in manchen Fällen sinnvoll sein kann. Bei erstmaligen, geringfügigen Verstößen kann eine Abmahnung unverhältnismäßig sein.

Grenzen des Weisungsrechts: Wann dürfen Anweisungen verweigert werden?

Nicht jede Arbeitsanweisung muss befolgt werden. Arbeitnehmer haben das Recht und sogar die Pflicht, offensichtlich rechtswidrige Anweisungen zu verweigern. Dies betrifft insbesondere Anordnungen, die gegen Gesetze, Unfallverhütungsvorschriften oder andere Rechtsnormen verstoßen.

Auch sittenwidrige oder den Arbeitsvertrag grob überschreitende Anweisungen müssen nicht befolgt werden. Beispielsweise kann von einem Buchhalter nicht verlangt werden, Reinigungsarbeiten zu übernehmen, es sei denn, dies ist ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart oder ergibt sich aus besonderen Umständen.

Bei gesundheitsgefährdenden Arbeitsanweisungen haben Arbeitnehmer sogar das Recht zur Verweigerung. Dies gilt besonders dann, wenn die Anweisung gegen Arbeitsschutzbestimmungen verstößt oder die Gesundheit des Arbeitnehmers gefährdet.

Persönlichkeitsrechtsverletzende Anweisungen sind ebenfalls unzulässig. Der Arbeitgeber darf nicht in die Privatsphäre eingreifen oder diskriminierende Anordnungen erteilen.

Formale Anforderungen an die Abmahnung

Eine Abmahnung unterliegt keinen gesetzlichen Formvorschriften. Sie kann auch mündlich wirksam ausgesprochen werden. Aus Gründen der Beweisbarkeit empfiehlt sich jedoch die Schriftform.

Der konkrete Sachverhalt muss präzise dargestellt werden. Datum, Uhrzeit und Art der Pflichtverletzung sind genau zu benennen. Pauschale Vorwürfe wie „häufiges Nichtbefolgen von Anweisungen“ reichen nicht aus.

Die Abmahnung muss eine klare Rüge des Verhaltens enthalten und deutlich machen, dass das beanstandete Verhalten arbeitsvertragswidrig war. Zusätzlich muss eine unmissverständliche Warnung ausgesprochen werden, dass bei Wiederholung arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung drohen.

Eine Frist zur Verhaltensänderung ist nicht zwingend erforderlich, kann aber sinnvoll sein. In jedem Fall sollte dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben werden, zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen.

Praktische Tipps für betroffene Arbeitnehmer

Wer eine Abmahnung wegen Nichtbefolgen von Arbeitsanweisungen erhalten hat, sollte zunächst Ruhe bewahren und die Abmahnung sorgfältig prüfen. Sind die Vorwürfe berechtigt und die Anweisungen rechtmäßig gewesen? Eine ehrliche Selbstreflexion kann helfen, die Situation einzuschätzen.

Bei berechtigten Vorwürfen ist es ratsam, das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen und eine konstruktive Lösung zu finden. Eine Verhaltensänderung und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit können das Arbeitsverhältnis stabilisieren.

Erscheinen die Vorwürfe jedoch unberechtigt, sollten Betroffene schriftlich Stellung nehmen und ihre Sicht der Dinge darlegen. Dabei ist sachlich zu argumentieren und emotionale Reaktionen zu vermeiden.

Die Dokumentation ist wichtig: Alle relevanten Unterlagen, E-Mails, Zeugenaussagen und Belege sollten gesammelt werden. Diese können bei einer späteren rechtlichen Auseinandersetzung von Bedeutung sein.

Bei komplexeren Sachverhalten oder wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abmahnung bestehen, ist eine fachkundige Beratung durch einen Anwalt für Arbeitsrecht empfehlenswert.

Checkliste: Was bei einer Abmahnung zu beachten ist

Für Arbeitgeber:

  • War die erteilte Arbeitsanweisung rechtmäßig und verhältnismäßig?
  • Ist die Pflichtverletzung konkret dokumentiert und nachweisbar?
  • Wurden mildere Mittel bereits versucht?
  • Entspricht die Abmahnung den formalen Anforderungen?
  • Wurde dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben?

Für Arbeitnehmer:

  • War die nicht befolgte Arbeitsanweisung rechtmäßig?
  • Waren die Vorwürfe in der Abmahnung berechtigt?
  • Wurden alle relevanten Umstände berücksichtigt?
  • Ist eine Stellungnahme sinnvoll und notwendig?
  • Sollte fachkundiger Rat eingeholt werden?

Eine strukturierte Herangehensweise hilft dabei, die Situation richtig einzuschätzen und angemessen zu reagieren. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer profitieren von einer sachlichen und rechtlich fundierten Behandlung solcher Konflikte.

Häufig gestellte Fragen

Nein, persönliche Vorlieben berechtigen nicht zur Verweigerung rechtmäßiger Arbeitsanweisungen. Die Anweisung muss objektiv rechtswidrig oder unbillig sein.
Eine Abmahnung unterliegt keinen gesetzlichen Formvorschriften und kann auch mündlich wirksam ausgesprochen werden. Aus Beweisgründen empfiehlt sich jedoch die Schriftform.
Abmahnungen verjähren nicht förmlich, verlieren aber nach längerer Zeit ohne erneute Beanstandung regelmäßig ihre Warnfunktion und damit Bedeutung. Die Rechtsprechung nimmt häufig einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren an, in dem eine Abmahnung ohne weitere Pflichtverletzungen ihre Relevanz verliert.
Ja, Sie können eine Gegendarstellung verfassen, die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen oder rechtliche Schritte einleiten.
Nein, eine Abmahnung ist eine Warnung. Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt in der Regel eine vorherige Abmahnung voraus. Nur bei besonders schweren Pflichtverletzungen mit eindeutig zerstörtem Vertrauensverhältnis kann darauf ausnahmsweise verzichtet werden.
Arbeitnehmer sind nur zur Leistung von Überstunden verpflichtet, wenn dies ausdrücklich arbeitsvertraglich, tarifvertraglich oder durch Betriebsvereinbarung geregelt ist. Eine bloße Anordnung des Arbeitgebers ohne Rechtsgrundlage genügt nicht.
Nein, krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit ist kein Grund für eine Abmahnung. Hier liegt keine schuldhafte Pflichtverletzung vor.
Bei wiederholten Verstößen nach erfolgter Abmahnung kann der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind.
Grundsätzlich ja, wenn dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung Ihrer Arbeitsaufgaben erforderlich ist und Ihnen zumutbar ist.
Ein Anspruch auf Entfernung besteht bei unberechtigten Abmahnungen. Bei berechtigten Abmahnungen kommt eine Entfernung nur in Ausnahmefällen in Betracht, etwa wenn sie nach langer Zeit keinerlei Warnfunktion mehr entfalten können.
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