Kanzlei Manz

Kann ein Arbeitnehmer einfach so entlassen werden?

Spricht der Arbeitgeber eine Kündigung aus, haben viele Arbeitnehmer das Gefühl, dass gar kein Grund für eine arbeitgeberseitige Kündigung vorliegt. Hartnäckig hält sich deshalb auch der Mythos, dass Kündigungen des Arbeitgebers ohne Grund und „einfach so“ möglich sind.

Dabei muss man jedoch differenzieren, wie groß das Unternehmen ist, ob man als Arbeitnehmer noch in der Probezeit ist oder in welcher Form die Kündigung vorliegt. Kündigt der Arbeitgeber z.B. außerordentlich, gibt es eine Verpflichtung, den Kündigungsgrund auf Nachfrage zu benennen. 

Bei ordentlichen Kündigungen müssen Kündigungsgründe in einem Kündigungsschutzverfahren durch den Arbeitgeber benannt werden, jedoch nicht in einem Kündigungsschreiben.

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Regina Manz erklärt in diesem Beitrag, wann ein Kündigungsgrund anzugeben ist und ob grundlose Kündigungen möglich sind.

Was ist der allgemeine Kündigungsschutz?

Der allgemeine Kündigungsschutz regelt, dass Kündigungen ohne einen Kündigungsgrund nicht möglich sind. Der Arbeitgeber darf eine ordentliche Kündigung nur dann aussprechen, wenn diese sozial gerechtfertigt ist. Für die soziale Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung muss einer von drei gesetzlichen Kündigungsgründen vorliegen – verhaltensbedingt, betriebsbedingt oder personenbedingt.

Kündigungsgründe

Verhaltensbedingte Kündigungsgründe liegen vor, wenn der Arbeitnehmer gegen die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstößt. Beispielsweise kommt der Arbeitnehmer häufig zu spät oder verhält sich nicht so, wie es nach den Pflichten aus dem Arbeitsvertrag geboten wäre. Das Verhalten muss vom Arbeitnehmer steuerbar sein. Vor einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber meist eine oder mehrere Abmahnungen aussprechen.

Personenbedingt bedeutet, dass der Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers liegt. In der Person kann beispielsweise liegen, dass ein LKW-Fahrer keinen Führerschein mehr hat oder man wegen Krankheit nicht mehr arbeiten kann bzw. nicht mehr leistungsfähig ist. Die krankheitsbedingte Kündigung ist ein Unterfall der personenbedingten Kündigung. Da ein personenbedingter Grund nicht durch den Arbeitnehmer steuerbar ist, sind Abmahnungen nicht möglich oder nötig.

Liegt ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vor, ist es für das Unternehmen aus dringenden betrieblichen Gründen nicht mehr möglich, den Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen. Dies kann z.B. deshalb der Fall sein, weil eine Abteilung geschlossen wird und im Unternehmen kein vergleichbarer Arbeitsplatz frei ist. Betriebsbedingte Kündigungen kommen häufig bei Schließungen von Filialen, Umstrukturierungen, Betriebsstillegungen oder Auslagerung von Abteilungen vor.

Liegt keiner dieser drei Gründe für eine ordentliche Kündigung vor, darf der Arbeitgeber keine Kündigung aussprechen. Eine Kündigung ohne Kündigungsgrund wäre somit rechtswidrig, solange das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet.

Voraussetzungen für allgemeinen Kündigungsschutz

Damit der allgemeine Kündigungsschutz anwendbar ist, gibt es zwei Voraussetzungen. Zum einen muss der Betrieb oder das Unternehmen, bei dem man beschäftigt ist, eine gewisse Mindestgröße haben. Der allgemeine Kündigungsschutz ist deshalb nur dann anwendbar, wenn in dem Unternehmen regelmäßig mehr als 10 Personen beschäftigt sind, die in Vollzeit arbeiten. Teilzeitbeschäftigte werden entsprechend dem Anteil ihrer Teilzeit-Beschäftigung hinzugezählt.

Zum anderen muss man als Arbeitnehmer mindestens 6 Monate im Unternehmen beschäftigt sein, damit der allgemeine Kündigungsschutz angewendet werden kann. Dabei spielt es keine Rolle, wie lange die Probezeit vereinbart wurde. 

Was ist der besondere Kündigungsschutz?

Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz gibt es auch den besonderen Kündigungsschutz. Dieser gilt für bestimmte Personengruppen, die besonders sozial schutzwürdig sind. Dies sind z.B. schwangere Frauen und Mütter kurz nach der Entbindung, schwerbehinderte Arbeitnehmer, Arbeitnehmer in Elternzeit, Betriebsratsmitglieder oder besondere Betriebsbeauftragte wie Datenschutzbeauftragter oder Geldwäschebeauftragter nach § 7 Absatz 7 GwG.

Der besondere Kündigungsschutz bedeutet nicht, dass diese Arbeitnehmer grundsätzlich unkündbar sind. Die Kündigung ist meist nur erschwert möglich und muss bei den zuständigen Behörden beantragt werden. Die zuständige Behörde entscheidet dann, ob eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt ist oder nicht.

Gerade wenn ein besonderer Kündigungsschutz gilt und der Arbeitgeber für eine Kündigung die behördliche Genehmigung einholen muss, muss er einen Kündigungsgrund oder einen Sachverhalt darlegen, der eine Kündigung rechtfertigen kann. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber also auch nicht ohne Grund kündigen, da er sonst von der zuständigen Behörde keine Genehmigung erhalten würde.

Muss der Arbeitgeber bei einer außerordentlichen Kündigung einen Kündigungsgrund haben?

Neben der ordentlichen Kündigung existiert auch die außerordentliche Kündigung. Zumeist ist die außerordentliche Kündigung eine fristlose Kündigung, d.h. die gesetzliche oder vertragliche Kündigungsfrist muss nicht eingehalten werden. Damit der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung aussprechen kann, muss gem. § 626 Abs. 1 BGB ein wichtiger Grund vorliegen.

Bei der außerordentlichen Kündigung liegt ein Kündigungsgrund vor, der so gravierend ist, dass das Arbeitsverhältnis sofort aufgelöst werden kann. Beispielsweise kann ein wichtiger Grund darin liegen, dass man als Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bestohlen hat oder andere Straftaten zu Lasten des Arbeitgebers begangen hat. Einen wichtigen Grund kann auch darstellen, wenn ein LKW-Fahrer während seiner Tätigkeit harte Drogen konsumiert.

Da bei einer fristlosen bzw. außerordentlichen Kündigung ein wichtiger Grund vorliegen muss, kann der Arbeitgeber auch in einem solchen Fall nicht „einfach so“ oder grundlos kündigen.

Was gilt während der Probezeit?

In den ersten 6 Monaten einer Beschäftigung gilt der allgemeine Kündigungsschutz für Arbeitnehmer nicht, egal ob mehr oder weniger als 10 Mitarbeiter in dem Unternehmen beschäftigt sind. Zumeist wird für die ersten 6 Monate einer neuen Beschäftigung eine Probezeit vereinbart. Aber selbst wenn die Probezeit länger oder kürzer als 6 Monate ist, gilt der allgemeine Kündigungsschutz erst ab dem 7. Monat.

Während der ersten 6 Monate kann man als Arbeitnehmer daher sehr einfach entlassen werden. Einen Grund muss der Arbeitgeber dafür nicht haben. Dies ist ein denkbarer Fall, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne Gründe entlassen könnte.

Auch der besondere Kündigungsschutz gilt in den ersten 6 Monaten der Beschäftigung zumeist nicht. Lediglich schwangere Frauen sind durch den besonderen Kündigungsschutz vor einer Kündigung geschützt.

Was gilt im Kleinbetrieb?

Ein Kleinbetrieb liegt dann vor, wenn regelmäßig in dem Betrieb weniger als 11 Mitarbeiter in Vollzeit (bzw. weniger als 10,25 mit Teilzeitkräften) beschäftigt werden. Auch in einem solchen Fall gilt der allgemeine Kündigungsschutz nicht. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber keinen Grund braucht, um eine ordentliche Kündigung auszusprechen. Bei der außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB benötigt er jedoch weiterhin einen wichtigen Grund.

Doch auch wenn in einem Kleinbetrieb der allgemeine Kündigungsschutz nicht greift, dürfen Kündigungen nicht sittenwidrig sein, müssen ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme erkennen lassen und Arbeitnehmer dürfen z.B. nicht wegen ihrer Religion oder Herkunft, des Geschlechts, der sexuellen Neigung oder ihres Alters entlassen werden.

Muss der Arbeitgeber den Kündigungsgrund auch in der Kündigung angeben?

Gilt der allgemeine Kündigungsschutz, muss der Arbeitgeber zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung einen Kündigungsgrund haben. Hat er diesen nicht, ist die Kündigung unwirksam. Das heißt jedoch nicht, dass der Kündigungsgrund auch in dem Kündigungsschreiben genannt werden muss. 

Lediglich für den Fall, dass der Arbeitgeber außerordentlich nach § 626 BGB kündigt, gibt es in § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB die Verpflichtung auf Verlangen des Arbeitnehmers die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Dies gilt allerdings ausschließlich für außerordentliche bzw. fristlose Kündigungen!

Erhebt man jedoch eine Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung, ist vor dem Arbeitsgericht vom Arbeitgeber zu beweisen, dass ein gesetzlicher Kündigungsgrund vorliegt. Dann muss der Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Gründe nennen und beweisen, die die Kündigung rechtfertigen.

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